7.Tag: Bad Harzburger Festspieltage

Bad Harzburg – dieses kleine verträumte Städtchen am Rande des Harzes soll Schauplatz meines nächsten Auftrittes werden,

denn mit dem einen Croupier habe ich noch eine Rechnung offen. Ich verzeihe ja viel, aber ich vergesse nichts.
Vor einiger Zeit spielte ich dort am Rande einer Pokerveranstaltung BlackJack. Streng nach Basisstrategie versenkte ich dort einiges an Spielkapital. Bei jeder 16 zog ich noch eine Karte gegen eine 10 bei der Bank und überkaufte mich sehr häufig. Der Croupier versuchte, mich zu überreden, in einer solchen Situation keine Karte mehr zu ziehen, aber ich hielt an der Basisstrategie fest. Irgendwann begann mein Croupier mitzuzählen. „1 zu 0″ für mich. Bei 18 zu 3 für die Bank hatte ich mein Spiel an diesem Abend beendet. Aber heute gibt es Revanche und das nicht zu knapp.
Nachdem ich unserem Junior eine Gute Nacht Geschichte vorgelesen habe und die Rommee Tanten meiner Frau eigetroffen sind, bereite ich mich auf meinen Auftritt in Bad Harzburg vor. Mittlerweile verschlüssele ich meine Permanenzzettel entsprechend, so dass ein Außenstehender nicht unmittelbar erkennen kann, was für einen Schatz ich da in meiner Hand halte. Ich gehe zu meinem Audi, werfe mein Sakko auf die Rücksitzbank und denke kurz an meinen besten Freund Norbert.
Ihn kenne ich schon seit 1980 und ich weiß, er hat so einiges an Schulden. Wegen seiner Privatinsolvenz ist er eigentlich finanziell gar nicht in der Lage, ein Casino zu besuchen. Ich rufe ihn an und er sagt sofort zu, mitzukommen. Keine Ahnung wie der Typ das macht, aber irgendwie hat er immer ein wenig Geld in der Tasche. Ich denke nur: „Hoffentlich hast du nicht die Haushaltskasse geplündert“ und wir beide rauschen in Richtung Bad Harzburg. Norbert ist ein Zocker der übelsten Art und weil ich ihn wegen seiner unkontrollierten Spielweise und Gier zu oft kritisiere, gehen wir seit einigen Jahren kaum noch gemeinsam zum Spiel. Wir haben kaum in der Spielbank eingecheckt, stürzt er sich an den ersten Tisch. Er wechselt 150 Euro in 5er Jetons ein und setzt wild auf Carre. Ich brauch eine kühle Cola und begebe mich erst mal zur Bar.
Nach einer Viertelstunde kommt Norbert zu mir und triumphiert, er hätte schon 100 Euro gewonnen. Ich gratuliere ihm und bestelle ebenfalls eine Cola für ihn. Etwas abseits frage ich ihn, ob er schon einmal was von Wurfweiten, Wurfweitenwiederholungen oder Wurfweitenwanderungen gehört habe. Neugierig saugt er meine Bemerkungen auf und wir beschließen, ein kleines Sektorenspielchen auf Plein zu wagen. An der Kasse wechsele ich 500,- Euro ein und mit Stückgrösse a Louis lasse ich Norbert nach meinen Anweisungen setzen.
Mein Croupier war noch nicht zu sehen, Namen kann ich mir schlecht merken, aber Gesichter umso besser. Wir liegen gut vorne und Norbert wundert sich über meinen scheinbar mühelosen Erfolg. Obwohl mein Spiel nun völlig nicht meinen sonstigen Gewohnheiten entspricht, verhält er sich sehr ruhig und fragt auch nicht nach. Mittlerweile hat auch er sich hochkapitalisiert, weil er mit eigenem Geld mitgesetzt hat. Ich ermahne ihn, 1.000 Euro in richtiges Geld zurück zu wechseln und er soll nur mit dem Rest weiterspielen. Erst der Hinweis auf seine kleine Familie lässt ihn dann doch noch meinen Rat befolgen.
Gegen 21 Uhr beginnt auch mein spezieller Freund seine Schicht und es wird Zeit für mich, endlich selber zu setzen. Mit einem freundlichen „Guten Abend“ begebe ich mich an den Tisch und lasse mir markierte Jetons mit Stückwert 50 geben. „Mal schauen, ob ich heute ausgleichen kann, denn ich liege ja 18 zu 3 hinten!“ Verständnislos schaut mich mein Freund an und ich kläre ihn auf. Endlich erinnert er sich und meine: „Vielleicht bringt dem Herrn das Roulette heute mehr Glück.“ Mit einem wehmütigen Blick auf den Kessel sage ich: „Ich hab schon mit der Lady Kontakt aufgenommen und sie hat mir eine heiße Nacht versprochen!“ Die anderen Gäste am Tisch müssen lachen und die Atmosphäre lockert ein wenig auf.
Ich setze die „20″ und ihre beiden Nebennummern und ermahne meinen Kessel, sehr nett zu mir zu sein. Der Croupier dreht an, wirft in die entgegengesetzte Richtung ab und macht seine obligatorischen Ansagen. „1, Rot, Impair, Manque. Nichts aus Orphelins!“ lautet die von mir erwartete Ansage. Mein Croupier zahlt mich aus und ich sage: „Ein Stück für Sie und nur noch 18 zu 4 für die Bank.“
Jetzt belege ich das Zerospiel mit Maximum, denn es kommt die „26″. In solchen Fällen spiele ich gerne das Zerospiel, sichert es mir doch einen vollen Pleingewinn. Mein Croupier dreht ab und ich gewinne erneut. „18 zu 5 für die Bank“ und einige Spieler begreifen so langsam, dass ich im Wettstreit mit dem Croupier stehe. Ich wechsele meine Spielweise und setze hoch auf Transversale Plein, mal auf Carre, mal auf Cheval und gewinne.
Mein Freund Norbert fragt nach, ob er mitsetzen darf. Ich habe nichts dagegen und frage spaßeshalber den Croupier: „Wenn mein Freund mitsetzt und gewinnt, hole ich dann zwei Punkte gegenüber der Bank auf?“ „Bitte das Spiel zu machen!“ erwidert lakonisch der Croupier. „Hey ich nehme es doch auch nicht persönlich, als Sie mich damals am BlackJack-Tisch ausgezählt haben“, ist meine Antwort. Norbert und ich haben unseren Spaß und schließlich beendet der Croupier seine Schicht.
Nach dem Spiel Handwechsel!
Manchmal sind diese Roulettespräche sprachlich nur daneben. Als ob wirklich nur die Hand wechselt und nicht der ganze Croupier. Ich frage meinen Croupier, ob er heute noch mal eine Schicht hat. Schließlich hätte er ja das Hinspiel gewonnen und ich das Rückspiel. Er meinte nun: „Mein Herr, wir sind zwar punktgleich, aber Sie haben eine bessere Tordifferenz“. Endlich sieht auch er es sportlich. Der Witz des Abends gehört mir. Norbert und ich gehen zur Bar und bestellen ein Abschiedsgetränk.

Der Abend hat sich für uns beide gelohnt und ich stelle fest, alleine spielen und gewinnen macht eben auch nur halb so viel Spaß.

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