3.Tag: Der Black-Jack-Crack in der Spielbank Bad Homburg

Über Nacht hatte ich eine Idee,

die mich auch tagsüber beim Angeln nicht mehr losgelassen hat und so bereite mich auf meinen Auftritt vor und nehme heute den Permanenzzettel für die Spielbank Bad Homburg mit. Meinen V8 Audi muss ich allerdings noch voll tanken, die Vollgasorgie gestern Nacht auf meinem Heimweg hat Spuren im Tank hinterlassen.
Kurz noch das Navigationsgerät auf den mein Ziel eingestellt, im Autoradio einen Musiksender ohne Werbeunterbrechung gesucht und die Klimaautomatic auf eine angenehme Temperatur eingestellt. Es regnet leicht, aber ich komme gut voran, denn der Wagen liegt gut auf der Straße. Autofahren entspannt mich ungemein und wie jeder Künstler benötige auch ich eine Konzentrationsphase vor meinem Akt.

In Bad Homburg angekommen, mache ich einen Abstecher in die Katakomben der Spielbank. Man ist das bedrückend denke ich beim Anblick des Automatenspielsaals und ab geht zum offenen Spiel in den Spielsaal. Meine Rolle ist mir klar und ich bitte den Saalchef, den BlackJack-Tisch für mich zu öffnen. Am Tisch wechsele ich 1000,- Euro gegen Jetons in 50er Stückgröße und beginne mein Spiel.

Die Basisstrategie ist mir nicht unbekannt und doch wogt das Spiel hin und her. Ich komme in eine längere Verlustphase, aber ich werde nicht unruhig. Genau diesen Moment habe ich einkalkuliert. Nur noch zwei Jetons vor mir liegend, sage ich: „Einen Moment, ich muss mir neues Kapital besorgen“ .
Der Croupier grinst mich an, stellt aber dennoch ein Reservierungsschild auf meinen Platz und ich wechsele an den Roulettetisch.

Ein kurzer Blick genügt mir und ich weiß, es kommt die „2“. Schnell lege ich zwei 500,- Euro Scheine auf das erste Dutzend. „Scheine spielen erstes Dutzend!“ sagt der Croupier pflichtgemäß an, überprüft das Geld auf Echtheit und wechselt es ein. Danach legt er den 1000er Jeton auf das Tableau. Ich denke mir: „Du musst gleich noch zwei Platten drauflegen!“ und bestimmungsgemäß fällt die Kugel in das Fach mit der schwarzen „2“.
Ich nehme Einsatz und Gewinn und wechsele zum BlackJack-Tisch zurück. „Da bin ich wieder!“ erkläre ich freudestrahlend und wechsele 1000,- Euro in eine kleinere Stückgröße.
Mein Blackjack-Spiel geht weiter.

Kurze Zeit später setze ich eine konzentrierte Miene auf und springe vom BlackJack-Tisch auf. Zügig begebe ich mich an Roulettetisch 2, schaue auf mein kleines Geheimnis, um schließlich 500,- Euro auf die Transversale Plein 19/20/21 zu setzen. „19, Rot, Impair, Passe, Zwei Stück aus der großen Serie, keine weiteren Annoncen!“ die Antwort des Croupiers schien auswendig gelernt.
Schließlich bemerkt er meinen Einsatz und zieht kurz die Augenbrauen hoch. Für einen echten Croupier ist das schon ein überschwänglicher Anfall von Emotionen.
Er bezahlt mich und ich gehe zurück an meinen Platz am BlackJack-Tisch.
Dort angekommen meinte ich nur: „Intuition, eigentlich bin ich BlackJack-Spieler.“ „Vielleicht sollte der Herr doch lieber Roulette spielen“, frotzelt der Croupier. ‚Du kannst mich mal, ich spiele nur Roulette’ denke ich mir, aber meine Rolle gefällt mir.

Jetzt erhöhe ich auf 200er Stückgröße beim BlackJack und wie es der Zufall will, gerate ich in eine Gewinnserie. Oft lasse ich Einsatz und Gewinn stehen und spiele Paroli. Ob ich beim BlackJack verliere, ist mir egal. Ich gewinne woanders ganz sicher. Aber der BlackJack-Gott ist sehr gnädig.
Streng nach Basisstrategie mache ich einen ordentlichen Schnitt. Es gesellen sich andere Spieler an den Tisch und für mich ist es Zeit, eine Pause zu machen.
Ich gönne mir einen leckeren Snack, nämlich Caesar Salad Classic mit gebratenen Riesengarnelen.

Mir fällt ein junger Mann auf, der für jeden Folge-Coup auf der ersten Kolonne sein Glück versucht. Er sitzt am Kopfende des Tisches. Vor ihm ein Notizzettel kaum größer als eine Zigarettenschachtel. Noch während die Kugel ihre Runden dreht, liest er vom Zettel ab, welchen Jetonwert er für den nächsten Coup braucht und legt diesen Stapel schon einmal bereit. Ich fühle mich in meine Anfangszeit in 1996 zurückversetzt, als ich für meine praktischen Roulette Forschungen, einzig zum Beobachten der Spieler die Spielbank in Kassel besuchte und schaue ihm ein wenig zu.

Ich weiß, er wird noch ein wenig gewinnen, das kann ich an meinem Permanenzzettel abschätzen, denn die erste Kolonne wird in den nächsten Coups noch so oft erscheinen, dass er nicht an das Tischmaximum gerät. Vorausgesetzt natürlich dass er überhaupt so kapitalstark ist, um es bis dahin zu schaffen. Er wird bald in eine Serie der 2. und 3. Kolonne kommen und er wird zu 97,3% dagegen setzen.
97,3% der Spieler machen immer dieselben Fehler. So erklärt sich, dass bei einer Gewinnchance von 97,3% dennoch 97,3% der Spieler verlieren.

Der Kollege am Tisch hier wird womöglich auch alles verlieren, seine Gewinne und sein Spielkapital. Hoffnungslos mit Händen in den Taschen wird er dann irgendwo abseits stehen.
Ich weiß, wie sich solche Spieler fühlen. Ich habe sie in 1996 nicht nur gesehen. Ich habe auch mit ihnen gesprochen um hier im praktischen Bereich meine theoretischen Erfahrungen zu sammeln.

Vorgenannter Spieler wird nicht sofort nach Hause gehen, denn das würde zu sehr nach Niederlage aussehen. Nein er wird vermutlich einen günstigen Moment abwarten und schleicht sich dann irgendwann aus der Spielbank.

Ich setze mich neben ihn an den Tisch als er in der Gegenserie gerade seine letzten beiden Jetons auf die 1. Kolonne platzieren will. „Setz einen davon mal auf die 36. Gewinnst Du, bist Du wieder 35 Stücke vorne. Verlierst Du, gebe ich Dir das verlorene Stück wieder. Jeden Tag eine gute Tat und ich habe heute Geburtstag“, sage ich zu ihm.
Sein Gesicht werde ich nicht so schnell vergessen, wie ferngesteuert steht er auf und setzt schließlich den Jeton auf die „36“, anschließend schleicht er zum Kessel und schaut der Kugel bei ihrem Lauf zu.
Ich weiß, was kommt, nämlich die „36“.

Der Croupier macht seine Ansage: „36, Rot, Pair, Passe, ein Stück Plein, zwei Stücke aus der kleinen Serie, ein Stück aus 27-Zwo-Zwo. Keine weiteren Annoncen“. Ungläubig kommt der junge Mann mit seinem Gewinn auf mich zu.
„Ich darf das wirklich behalten?“, und ich antworte: „Ja, aber nur, wenn du diesen Blödsinn mit Deinem systematischen Spiel auf der ersten Kolonne lässt. Dauerhaft mit einem sturen System auf kleine Gewinnchancen zu spielen, ist aussichtslos. In Deinem speziellen Fall deckst Du mit 1.Kolonne lediglich 32,4% der im Kessel befindlichen Zahlen ab“. Er fragt mich nach meinem System und ich muss ihm antworten, dass ich kein System habe. Ich gebe ihm den Tipp, im Internet meine Homepage zu lesen und hoffe, dass er danach das Spielen lässt oder zumindest überdenkt.

Zeit für die nächste Runde BlackJack und ich kämpfe mich zum Tisch.
Alle Plätze sind besetzt und so muss ich aus der zweiten Reihe mitspielen. Ich frage laut, wer hier am Tisch nach Basisstrategie spielt und ob derjenige ein Problem damit hätte, wenn ich seine Box mitspiele.
Ein Mann in meinem Alter nickt mir kurz zu und unser Pakt ist geschlossen.
Es kommt mir sehr entgegen, dass ich aus der zweiten Reihe spiele, denn so kann ich mich geräuscharm zu meinen Roulettetischen gehen und dort meine Gewinne abholen.

Ich spiele klein, mal 1.000,- auf Dutzend, mal je 1.500,- auf zwei Kolonnen, mal ein Transversalenspiel a 500.
Regelmäßig kehre ich an den BlackJack-Tisch zurück, wo ich für Außenstehende erkennbar die meiste Zeit verbringe.

Den Abend beende ich schließlich mit einem Gewinn von knapp 50.000 Euro. An der Kasse bemerke ich, dass es heute sehr gut bis ausgezeichnet gelaufen ist und hinterlege meine Bankverbindung, weil ich mit soviel Geld nur ungern unterwegs bin. Auf der Autobahn muss ich mich zwingen, ruhig zu bleiben. Gedanken schießen mir durch den Kopf, freut es mich doch einem Spieler brauchbare gute Tipps gegeben zu haben. Dennoch bin ich heute beim Beobachten anderer Spieler stellenweise auch ganz schön gierig geworden.
Wenn man wie ich gerade die Zahlen im Voraus kennt, ertappt man sich dabei, mal so richtig abräumen zu wollen. Wo bleibt meine Konzentration? Lass ich mich etwa ablenken?

Ich verordne mir einen Tag Gewinnpause.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert